Zeitlich befristeter Umzug ins Ausland: Habe ich Anspruch auf Kindergeld?

Diese Frage stellt sich zwar in der Regel erst, wenn die Entscheidung bereits gefallen ist. Trotzdem ist es nicht ganz uninteressant. Habe ich nach einem Umzug ins Ausland Anspruch auf Kindergeld?

Grundsätzlich hat nur derjenige einen Anspruch auf Kindergeld, der im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Beispiel:

Peter Schmitz lebt mit seiner Frau Katja und seinem Kind Max in Köln. Er nimmt ein Angebot seines Arbeitgebers an, für drei Jahre in Spanien zu arbeiten. Aufgrund eines Entsendevertrages wird das Arbeitsverhältnis bei seinem deutschen Arbeitgeber im Januar 2016 mit Beginn des Auslandseinsatzes ruhend gestellt. Sein Arbeitgeber behält sich jedoch vor, Herrn Schmitz eventuell auch vor Ablauf der 3 Jahre wieder zurückzurufen. Peter Schmitz lebt mit seiner Familie ab Beginn der Tätigkeit in Spanien. Das Einfamilienhaus in Köln behalten sie unverändert und vollständig eingerichtet bei; die abgeschlossenen Versorgungsverträge (Wasser, Strom) laufen weiter. Im Jahr 2016 nutzt A das Einfamilienhaus anlässlich von Dienstreisen einmal für 3 und einmal für 4 Tage.

Die alles entscheidende Frage ist nun, ob das Einfamilienhaus in Köln weiterhin als Wohnsitz der Familie gilt oder nicht. Zieht eine Familie ins Ausland ohne eine Wohnung im Inland beizubehalten, so kann kein Wohnsitz vorliegen und demnach auch kein Kindergeld bezogen werden.

Grundsätzlich geht die Steuergesetzgebung davon aus, dass jemand dort seinen Wohnsitz hat, „wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.“ Diese sperrige Formulierung ist jedoch stark interpretationsbedürftig. Grundsätzlich ist es also entscheidend, ob objektiv erkennbare Umstände dafür sprechen, dass der Steuerpflichtige die Wohnung für Zwecke des eigenen Wohnens beibehält.

Der Bundesfinanzhof hat in einer älteren Entscheidung geurteilt, dass es für die Beibehaltung des Wohnsitzes spricht, wenn jemand eine Wohnung, die er vor und nach einem Auslandsaufenthalt als einzige ständig nutzt, während desselben unverändert und in einem ständig nutzungsbereiten Zustand beibehält (BFH I R 69/96, Urteil v. 19.3.1997).

Das Niedersächsische Finanzgericht ist hier strenger. In seinem Urteil v. 25.7.2012 (9 K 325/11) hat es die Auffassung vertreten, dass es nicht genügt, wenn die objektiven Wohnverhältnisse die Möglichkeit eines längeren Wohnens bieten. Es sei abzugrenzen, ob die inländische Wohnung vom Steuerpflichtigen, beispielsweise während des Jahresurlaubs, tatsächlich zum Wohnen genutzt wird. Sofern der Steuerpflichtige und seine Familie sich ausschließlich im Ausland aufhalten, sei trotz beibehaltener Wohnung kein Wohnsitz i. S. des § 8 AO vorhanden, womit der Anspruch auf Kindergeld entfalle.

Von der Finanzverwaltung wurde bisher geregelt, dass es genügt, die Wohnung z. B. über Jahre hinweg jährlich regelmäßig zweimal zu bestimmten Zeiten über einige Wochen benutzt wird ( AEAO, BStBl 2014 I S. 290 zu § 8 AO, Nr. 4, Satz 2).

Den oben als Beispiel genannten Fall hatte aktuell das Finanzgericht München (leicht abgewandelt) zu entscheiden. Dieses ist allerdings davon ausgegangen, dass die Beibehaltung der Wohnung im Inland ausreicht. Das FG geht davon aus, dass Familie Schmitz ihren Wohnsitz mit Beginn des Auslandseinsatzes nicht aufgegeben hat, auch wenn die Familie mit nach Spanien gegangen ist. Denn sie hätten das Einfamilienhaus unverändert und vollständig eingerichtet behalten sowie die Versorgungsverträge weiter laufen lassen. Damit hätten sie das Einfamilienhaus für eine jederzeitige Nutzung während des Auslandseinsatzes bereitgehalten. Auch sei die weitere Benutzung des Einfamilienhauses in absehbarer Zeit zu erwarten. Hinzu komme, dass Herr Schmitz von seinem Arbeitgeber jederzeit zurückgerufen werden konnte. Für die Beibehaltung des Wohnsitzes spreche auch, dass er das Einfamilienhaus einmal 3 und einmal 4 Tage genutzt hat.

Gegen diese Entscheidung wurde beim BFH Revision eingelegt (Az III R 9/17). Hierdurch soll nun eindeutig geklärt werden, ob es für die Beibehaltung eines Wohnsitzes genügt, dass jemand eine Wohnung, die er vor einem Auslandsaufenthalt ständig genutzt hat und danach wieder nutzen wird, während des Auslandsaufenthaltes unverändert in einem nutzungsbereiten Zustand beibehält und ob Inlandsaufenthalte während eines Auslandsaufenthaltes keinen Wohncharakter haben müssen.

Hinweis

Durch ein aktuelles BMF-Schreiben (vom 07.08.2017) wird nun ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Nutzung zu Wohnzwecken – insbesondere in Arbeitnehmer-Entsende-Fällen auch vorliegen kann, wenn der Steuerpflichtige eine Wohnung innerhalb eines Kalenderjahres nicht nutzt. Wird ein Arbeitnehmer beispielsweise im Ausland tätig und wird er von seiner Familie begleitet, so ist ein inländischer Familienwohnsitz weiterhin anzunehmen, wenn dieser über die Dauer der Entsendung beibehalten werden soll und nach objektiven Maßstäben jederzeit durch die Familie zu Wohnzwecken genutzt werden kann. Es sieht also so aus, als hätte die Finanzverwaltung ihre Auffassung gelockert.

 

 

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