Wochenthema: Scheinselbständigkeit - Rechtsfolgen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Wenn aufgrund einer Betriebsprüfung bei einem als selbstständig eingeordneten Auftragnehmer ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis festgestellt wird, ergeben sich Folgen sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer.

Wenn sich – meist rückwirkend – herausstellt, dass es sich bei der vermeintlich selbstständigen Tätigkeit um eine sozialversicherungsrechtlich relevante Beschäftigung handelt, beginnt die Versicherungspflicht mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis. Diese Rechtsfolge tritt grundsätzlich auch rückwirkend ein.

Sonderregelung für das Statusfeststellungsverfahren

Wurde die Versicherungspflicht als Folge eines Statusfeststellungsverfahrens durch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund festgestellt, beginnt die Versicherungspflicht erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung der DRV Bund, wenn

der Statusfeststellungsantrag innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt wurde,

der Beschäftigte dem späteren Beginn der Sozialversicherungspflicht zustimmt und

er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Bekanntgabe der Entscheidung der DRV Bund gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge abgesichert war. Die Absicherung muss der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechen.

Nachzahlung Sozialversicherungsbeiträge bei Scheinselbstständigkeit

Wenn ein Beschäftigter also bereits seit drei Jahren bei einem Auftraggeber arbeitet und im Nachhinein als scheinselbständig beurteilt wird, so sind die Sozialversicherungsbeiträge der letzten drei Jahre nachzuzahlen. Da diese entsprechend der aktuellen Fälligkeitsregelung spätestens am drittletzten Bankarbeitstag eines jeden Monats fällig sind, sind diese zuzüglich Säumniszuschläge sofort fällig.

Vorsicht: Arbeitgeber ist auch Schuldner der Arbeitnehmerbeiträge!

Wird kein Statusfeststellungsverfahren beschritten und erst im Laufe einer Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) rückwirkend Scheinselbstständigkeit festgestellt, kann es dem Auftraggeber passieren, dass er nicht nur die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung (und die nicht unerheblichen Säumniszuschläge) zahlen muss. Häufig bleibt er auch noch auf den Arbeitnehmeranteilen sitzen, weil der Auftragnehmer entweder nicht mehr für ihn tätig ist oder dieser seinen Anteil einfach nicht zahlen kann.

Sozialversicherungsrecht ist nicht gleich Arbeitsrecht

Nicht selten passiert es, dass Beschäftigte, denen aufgrund einer sozialversicherungsrechtlichen Betriebsprüfung ein Arbeitnehmerstatus bescheinigt wurde, diesen auch arbeitsrechtlich durchsetzen wollen und Tariflohn (auch Mindestlohn), bezahlten Urlaub und Entgeltfortzahlung bei Krankheit sowie auch Kündigungsschutz beanspruchen.

Dazu muss gesagt werden, dass der arbeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff grundsätzlich unabhängig von einer sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung ist. Sie überschneiden sich zwar in zahlreichen Beurteilungskriterien, stimmen aber nicht exakt überein.

Wenn sich zwischen dem Beschäftigten und dem Auftraggeber keine Einigung erzielen lässt, kann der Auftragnehmer die Prüfung vor dem Arbeitsgericht einklagen. Hierzu sollte der Mitarbeiter allerdings in der Lage sein, seine Arbeitnehmereigenschaft zu beweisen.

Der Gang zum Gericht sollte aber gut überlegt sein. Denn ob eine Klage Erfolg hat, ist nur schwer vorherzusagen. Es kommt hier – wie im sozialversicherungsrechtlichen Kontext – auf die Gesamtschau an.

Steuerliche Folgen

Auch steuerlich ist die Arbeitnehmerdefinition nicht identisch mit der sozialversicherungsrechtlichen. Selbst wenn ein Scheinselbstständiger in der Sozialversicherung zum Beschäftigten wird, kann es sein, das er steuerlich trotzdem Unternehmer bleibt.

Sollte der Scheinselbständige umsatzsteuerlich ebenfalls als Arbeitnehmer eingestuft werden, so sollte durch eine Rechnungsberichtigung die bisher ausgewiesene Umsatzsteuer rückgängig gemacht werden. Dadurch kann der Scheinselbständige die zu Unrecht an das Finanzamt abgeführte Umsatzsteuer zurückfordern und dem Auftraggeber diese - ebenfalls zu Unrecht gezahlte Umsatzsteuer - zurückzahlen. Dies sollte aber nur gemacht werden, wenn sicher ist, dass keine Unternehmereigenschaft mehr vorliegt.

Gilt der Scheinselbstständige steuerlich weiterhin als Unternehmer, so hat er auch weiterhin Rechnungen mit Ausweis der Umsatzsteuer zu stellen. Der Kunde (Auftraggeber) ist in diesem Fall Beitragsschuldner für die Beiträge zur Sozialversicherung. Den Arbeitnehmeranteil muss er vom Rechnungsbetrag einbehalten und an die Krankenkasse abführen. Da es sich bei den Arbeitnehmeranteilen umsatzsteuerlich um Entgelt handelt ist davon Umsatzsteuer zu erheben.

 

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