Wann werden Probearbeitstage als Arbeitsverhältnis angesehen?

Vor dem Abschluss eines Arbeitsvertrages möchten sich Arbeitgeber und Bewerber häufig im betrieblichen Ablauf näher kennen lernen. Dazu wird häufig eine kurze, unbezahlte Probearbeit vereinbart. Ab wann aber besteht die Gefahr, dass arbeitsrechtlich bereits ein Arbeitsvertrag zu Stande kommt?

Da ein Arbeitsvertrag auch mündlich, formfrei und konkludent zu Stande kommen kann, sind die Grenzen oftmals schwierig zu ziehen. Für den Arbeitgeber ist also Vorsicht angesagt!

Einige Probearbeitstage bewirken ein sogenanntes „Einfühlungsverhältnis“. Daraus resultieren weder für Arbeitgeber noch für den Bewerber Rechte und Pflichten.

Die Rechtsprechung geht immer dann von einem Einfühlungsverhältnis aus, wenn keine gegenseitigen Rechte und Pflichten vereinbart werden. Der Bewerber übernimmt keine Arbeitnehmerpflichten, verspricht also nicht eine konkrete Arbeitsleistung zu erbringen. Der Arbeitgeber übt lediglich sein Hausrecht aus und verschafft dem Bewerber die Möglichkeit, sich einen Überblick zu verschaffen. Sinn des Einfühlungsverhältnisses ist es, die Voraussetzungen für eine potentielle spätere Zusammenarbeit zu klären, vor allem dem künftigen Arbeitnehmer die Möglichkeit zu bieten, die betrieblichen Gegebenheiten kennen zu lernen. Unschädlich ist es aber, dass der Bewerber in der Einfühlungsphase bereits nützliche oder verwertbare Tätigkeiten für den Arbeitgeber verrichtet.

Vom Abschluss eines Arbeitsvertrages gehen die Arbeitsgerichte dagegen immer dann aus, wenn der Arbeitgeber bereits berechtigt ist, Direktionsrecht auszuüben. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber den Bewerber anweist, bestimmte Arbeitszeiten einzuhalten, konkrete Tätigkeiten auszuüben oder bestimmte Arbeitsorte aufzusuchen. Indizien für den Abschluss eines Arbeitsvertrages sind auch z.B. die Verpflichtung zum Tragen einer Dienstkleidung, zur Einhaltung von Pausenzeiten oder die Vereinbarung einer Vergütung.

Grundsätzlich nicht entscheidend ist, welche Bezeichnung der „Probearbeit“ gegeben wurde. Maßgeblich für die rechtliche Bewertung ist das tatsächlich Geschehene.

Beispiel:

Beate Beispiel hat ein Bistro neu eröffnet und vereinbart mit Michaela Muster drei Tage Probearbeit, um in dieser Zeit die Eignung und Befähigung von Michaela in der Praxis zu überprüfen. Es wird vereinbart, dass die Probearbeit kostenlos erfolgt, jedoch eine Fahrtkostenerstattung gezahlt wird. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz hat in seinem Urteil vom 24.5.2007 hierin ein Einfühlungsverhältnis gesehen.

Ein Arbeitsverhältnis wurde dagegen in einem Fall angenommen, in dem ein (zukünftiger) Mitarbeiter drei Tage zur Probe in einem Call-Center gearbeitet hat. Dem Mitarbeiter waren sowohl die Arbeitszeit (jeweils acht Stunden pro Tag) und die Vorgehensweise durch den Arbeitgeber vorgeschrieben worden (LAG Düsseldorf, 6.7.2007, 9 Sa 598/07). Auch die dreitägige Mitarbeit in der Vormittagsschicht eines Backwarenverkaufs im Bahnhof in Berufskleidung und nach Absprache „drei Probearbeitstage“ zu absolvieren wurden als Arbeitsverhältnis beurteilt (LAG Baden-Württemberg, 25.4.2007, 13 Sa 129/05) ebenso wie eine zweiwöchige Tätigkeit als Kraftfahrer einer Spedition nach Tourenplänen (LAG Schleswig-Holstein, 17.3.2005, 4 Sa 11/05).

Folgen des Arbeitsvertragsabschlusses

Der (unbeabsichtigte) Abschluss eines Arbeitsvertrages hat für den Arbeitgeber erhebliche Folgen. Zunächst bestehen Vergütungsansprüche für die Arbeitsleistungen. Zudem muss ein Arbeitsverhältnis stets schriftlich beendet werden (§ 623 BGB, Kündigung, Aufhebungsvertrag). Im Fall der Kündigung ist die Mindestkündigungsfrist des § 611 Abs. 1 BGB einzuhalten, die vier Wochen zum 15. oder Monatsletzten beträgt. Eine Probezeit (§ 622 Abs. 3 BGB) ist regelmäßig nicht vereinbart, da ein Arbeitsvertrag aus Sicht des Arbeitgebers nicht beabsichtigt war. Schließlich wäre eine etwaige Befristungsvereinbarung auch unwirksam, wenn sie nicht schriftlich erfolgt ist (§ 14 Abs. 4 TzBfG).

 

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