Wann kann eine Befreiung der Zuzahlungen bei der Krankenkasse beantragt werden?
Egal, ob eine Zahnfüllung beim Zahnarzt oder eine sogenannte „IGeL“-Leistung beim Hausarzt: Häufig müssen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von ärztlichen Leistungen Zuzahlungen zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gezahlt werden. Was viele aber nicht wissen: Die Höhe der zu leistenden Zuzahlungen ist begrenzt. Es lohnt sich zu prüfen, ob bereits ausreichende Nachweise vorliegen, um eine Befreiung von weiteren Zuzahlungen bei der Krankenkasse zu beantragen.
Zuzahlungen für ärztliche Leistungen müssen von gesetzlich Versicherten nur bis zur Höhe ihrer individuellen Belastungsgrenze geleistet werden. Fallen im Laufe eines Jahres viele Zuzahlungen an, kann man auf Antrag von den weiteren Zuzahlungen für den Rest des Kalenderjahres befreit werden. Das gilt allerdings nicht für alle Zuzahlungen.
Belastungsgrenze berechnen
Grundsätzlich beträgt die Belastungsgrenze 2 Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens. Liegt eine chronische Krankheit vor, reduziert sich die Belastungsgrenze sogar auf 1 Prozent. Bei Angehörigen oder Kindern, die im Haushalt leben, wird die Belastungsgrenze für die gesamte Familie berechnet. Hierbei sind gesetzlich auch Freibeträge vorgesehen, welche die Bruttoeinnahmen reduzieren.
Beispiel:
Peter Schmitz ist alleinstehend. Er verdient brutto 2.500 Euro monatlich. Im Frühjahr 2017 benötigt er eine neue Brille, für die er 500 Euro zuzahlen muss. Außerdem muss er im Sommer 2017 seinem Zahnarzt 250 Euro für ein Zahnimplantat zusätzlich zahlen. Kann er hier eine Befreiung von Zuzahlungen beantragen?
Bei seiner Krankenkasse stellt Peter Schmitz einen Antrag auf Befreiung von Zuzahlungen. Bei einem Einkommen von 2.500 Euro monatlich (also 30.000 Euro pro Jahr) liegt seine individuelle Belastungsgrenze bei (2 % von 30.000 Euro) 600,00 Euro. Das würde bedeuten, dass Peter Schmitz für das restliche Jahr von Zuzahlungen befreit würde und ihm sogar 150 Euro (er hat 500 Euro + 250 Euro bereits gezahlt) erstattet werden. Kann das aber richtig sein?
Welche Zuzahlungen können berücksichtigt werden?
Berücksichtigt werden nur gesetzlich vorgegebene Zuzahlungen. Für volljährige Versicherte sind Zuzahlungen z. B. vorgesehen für Arznei- und Heilmittel, aber auch für bestimmte Hilfsmittel (etwa Gehhilfen), Fahrtkosten, bestimmte Krankenhausbehandlungen, für eine Haushaltshilfe oder wenn Rehabilitationsmaßnahmen in Anspruch genommen werden.
Von den gesetzlichen Zuzahlungen zu unterscheiden sind Eigenanteile, wie z. B. bei Zahnersatz und einigen Hilfsmitteln. Auch Mehrkosten für Arzneimittel zählen nicht zu den gesetzlichen Zuzahlungen. Zwar sind auch diese gesetzlich vorgesehen, gelten aber trotzdem nicht als gesetzliche Zuzahlung. Auch privat in Anspruch genommene Leistungen, wie z. B. individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), können bei der Beurteilung der Belastungsgrenze nicht berücksichtigt werden.
Zurück zu unserem Beispiel.
Weder die Zuzahlung zur neuen Brille noch der Eigenanteil für das Zahnimplantat zählen als gesetzliche Zuzahlung. Die Krankenkasse würde den Antrag von Peter Schmitz als nicht gerechtfertigt zurückweisen.
Belastungsgrenze: Krankenkasse prüft Zuzahlungen nur auf Antrag!
Wenn ein Antrag auf Befreiung von den Zuzahlungen gestellt werden soll, so muss das immer für die gesamte Familie geschehen. Stellt die Krankenkasse bei der Prüfung fest, dass bereits zu viele Zuzahlungen in einem Kalenderjahr geleistet worden sind, werden die überschreitenden Zuzahlungen dem Versicherten zurückerstattet. Für das restliche Kalenderjahr wird eine Befreiung ausgesprochen. Zum Nachweis über die Befreiung gegenüber den Leistungserbringern werden entsprechende Befreiungskarten ausgestellt.
Eine Befreiung ist auch im Vorhinein möglich
Wenn eine Überprüfung der Höhe der Zuzahlungen ergibt, dass auch in Zukunft durch die regelmäßig entstehenden Zuzahlungen die Belastungsgrenze schnell erreicht werden wird, empfiehlt sich die Befreiung von den Zuzahlungen bereits im Voraus zu beantragen. Auf Antrag teilt die Krankenkasse die Höhe der Belastungsgrenze für das Folgejahr mit. Werden dann die Zuzahlungen in dieser Höhe bereits im Vorhinein an die Krankenkasse gezahlt, wird sofort ein Befreiungsausweis für das nächste Jahr ausgestellt. Der Vorteil: Für das gesamte Jahr kann auf das Sammeln von Belegen verzichtet werden. Allerdings muss hierbei beachtet werden, dass eine Überprüfung der tatsächlich angefallenen Zuzahlungen nicht mehr möglich ist. Sofern der Gesundheitszustand sich soweit ändert, dass weniger Zuzahlungen anfallen, kann daher erst im Folgejahr wieder auf die Vorauseinzahlung verzichtet werden.