Gehört die Umkleidezeit zur bezahlten Arbeitszeit?

Reicht es, pünktlich um 8 Uhr auf der Arbeit zu sein oder muss ich dann bereits tatsächlich arbeiten (können)? Zählt die Zeit, in der sich ein Mitarbeiter in der Umkleidekabine aufhält, um seine Arbeitskleidung anzuziehen, auch zur Arbeitszeit?

Immer wieder müssen Gerichte entscheiden, ob die Zeit zum Umziehen oder für den Weg im Betrieb zwischen Umkleideraum und Arbeitsplatz als vergütete Arbeitszeit zählt. In einem aktuellen Fall entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass dies darauf ankomme, welche Anweisung der Arbeitgeber gegeben hat. In seinem Urteil vom 26.10.2016 (Az: 5 AZR 168/16) entschied das BAG, dass die Weisung des Arbeitgebers an die Mitarbeiter, die gestellte Arbeitskleidung im Betrieb in einem gesonderten Umkleideraum an- und abzulegen dazu führe, dass das Umziehen bereits zur Arbeitszeit zu rechnen sei.

Es lässt sich also festhalten, dass die Umkleidezeit jedenfalls dann zur Arbeitszeit gehört, wenn das Tragen von Arbeitskleidung Pflicht ist und diese erst im Betrieb angelegt werden darf. In einem solchen Fall muss der Arbeitgeber diese Zeit auch bezahlen. Aber auch ohne gesonderte Anordnung des Arbeitgebers erkannte das Hessische Landesarbeitsgericht (Hessisches LAG) das Umziehen eines Mitarbeiters eines Müllheizkraftwerks als bezahlte Arbeitszeit an.

Aber Vorsicht!

Nur weil das angeordnete Umziehen zur Arbeitszeit zählt, heißt das nicht, dass diese Zeit automatisch auch vergütet werden muss. Hier sieht das BAG keinen Automatismus, da "die Vergütungspflicht des Arbeitgebers nach § 611 Abs. 1 BGB allein an die "Leistung der versprochenen Dienste" anknüpft und damit unabhängig ist von der arbeitszeitrechtlichen Einordnung der Zeitspanne, während derer der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung erbringt. Das bedeutet, dass die Qualifikation einer bestimmten Zeitspanne als Arbeitszeit nicht zwingend zu einer Vergütungspflicht führt". (Urteil vom 19.9.2012, Az. 5 AZR 678/11).

Aber genau das ist ja interessant. Wann ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers eine Leistung, die der Arbeitgeber vergüten muss? Prinzipiell zählt hierzu nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber aufgrund des Arbeitsvertrags verlangte sonstige Tätigkeit, die mit der eigentlichen Tätigkeit unmittelbar zusammenhängt. Also alle Dienste, die der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer aufgrund seines Weisungsrechts fordert.

Das BAG jedenfalls sieht eine Vergütungspflicht nicht nur für die Zeit, die für das An- und Ablegen der Arbeitskleidung erforderlich ist, sondern auch für das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege.

Zählt dann auch der Weg zur Arbeit zur Arbeitszeit?

Der Arbeitsweg zählt grundsätzlich nicht zur Arbeitszeit eines Arbeitnehmers. Daher können Arbeitgeber auch nicht verlangen, dass ihre Mitarbeiter sich bereits zuhause die Arbeitskleidung anziehen.

 

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