Vorsicht bei der Auszahlung des Kindergeldes direkt an das Kind

Anstelle von Taschengeld oder anderweitigen Unterhaltszahlungen lassen viele Eltern das Kindergeld von der Familienkasse direkt an Ihre Kinder auszahlen. Dies kann unter Umständen zu Problemen führen.

Der Kindergeldanspruch entfällt, sobald das Kind volljährig ist und seine Erstausbildung beendet hat. Oft bekommt die Familienkasse hiervon aber erst verspätet Kenntnis und zahlt einige Monate zu Unrecht Kindergeld aus. Dieses zu viel gezahlte Kindergeld wird gegenüber dem Anspruchsberechtigten, also in der Regel gegenüber den Eltern geltend gemacht. Können diese darauf verweisen, dass das Kindergeld den Kindern direkt ausgezahlt wurde und die Kinder das deshalb auch zurückzahlen müssen?

Beispiel: Zahlungsanweisung an das Kind

Die Alleinstehende M ist die Mutter des seit Oktober 2015 volljährigen Sohnes S. S wohnt bei M und hat im August 2015 seine Ausbildung zum Friseur begonnen. Da das Ausbildungsentgelt nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt des S zu decken, hat M bei der Familienkasse anstelle Ihres eigenen Kontos das Konto des S als Auszahlungskonto hinterlegen lassen.

Im April 2016 bricht S seine Ausbildung ab. Hiervon wird die Familienkasse erst Ende Juni 2016 informiert. Daraufhin fordert die Familienkasse von M das für Mai und Juni 2016 zu Unrecht gezahlte Kindergeld zurück. Diese will das Geld nicht zurückzahlen und verweist darauf, dass das Geld an S ausgezahlt wurde.

Hierzu hat der Bundesfinanzhof (BFH, Beschluss v. 28.1.2010, III B 112/08) aber entschieden, dass zu Unrecht ausgezahltes Kindergeld immer vom Kindergeldberechtigten, also in unserem Beispiel von M, zurückzuzahlen ist. Eine Verweisung auf den tatsächlichen Zahlungsempfänger ist nicht möglich.

Abwandlung des Beispiels: Abzweigung nach § 74 Abs. 1 EStG

Grundsätzlich wie obiges Beispiel, aber S wohnt nicht im Haushalt der M. M leistet auch keinen Unterhalt an S. Mit Beginn seiner Ausbildung im August 2015 beantragt S bei der Familienkasse formlos die Auszahlung des Kindergeldes auf sein Konto. Hierfür fügt er ein Begleitschreiben von M bei, in dem sie sich einverstanden erklärt, dass das Kindergeld ab sofort an S ausgezahlt werden soll.

Hier liegt der Sachverhalt insoweit anders, als dass M dem S gegenüber ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommt (§ 74 Abs. 1 Satz 1 EStG). Da das Kindergeld aber grundsätzlich den Kindern zu Gute kommen soll, kann das Kind schriftlich eine sogenannte „Abzweigung“ geltend machen. Damit wird das Kind (hier: S) zwar nicht Anspruchsberechtigter, aber Leistungsempfänger des Kindergeldes. Im Falle einer unrechtmäßigen Auszahlung von Kindergeld wäre in diesem Fall der S als Leistungsempfänger zur Erstattung der zu Unrecht erhaltenen Zahlungen verpflichtet (BFH, Urteil v. 24.8.2001, VI R 83/99).

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